Arbeitsunfall im Homeoffice: Wann gilt ein Wegeunfall als versichert und welche Rechte hast Du gegenüber der BG?

Anja Matthies

Homeoffice ist aus unserem Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken. Viele von uns haben sich längst daran gewöhnt, morgens nicht ins Büro zu pendeln, sondern einfach den Laptop aufzuklappen und loszulegen. Aber hast du dir schon mal überlegt, was passiert, wenn du auf dem Weg zu deinem heimischen Schreibtisch ausrutschst? Oder wenn du dir beim Holen von Arbeitsunterlagen etwas verletzt?

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Die gute Nachricht: Auch im Homeoffice bist du nicht schutzlos. Die gesetzliche Unfallversicherung kann auch hier greifen. Aber – und das ist wichtig – längst nicht jeder Unfall zu Hause ist automatisch ein Arbeitsunfall. Wann genau die Berufsgenossenschaft (BG) einspringt und wann nicht, das schauen wir uns jetzt gemeinsam an.

Das erwartet dich:

1. Was ist ein Wegeunfall im Homeoffice?

Normalerweise denken wir bei einem Wegeunfall an den klassischen Weg zur Arbeit: Fahrradunfall auf dem Weg ins Büro, Sturz an der Bahnhaltestelle oder ein Autounfall auf der Pendlerstrecke. All das fällt unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Aber wie sieht es aus, wenn dein Arbeitsweg nur noch wenige Meter beträgt – vom Schlafzimmer ins Arbeitszimmer? Oder wenn du im Homeoffice arbeitest und dich innerhalb deiner Wohnung bewegst, um arbeitsbezogene Dinge zu erledigen?

Früher war die Rechtslage eindeutig: Wer zu Hause arbeitet, bewegt sich im privaten Bereich – und war damit nicht versichert. Das hat sich geändert. Durch neuere Rechtsprechung und eine klarere Verwaltungspraxis ist heute anerkannt, dass auch Tätigkeiten im Homeoffice unter denselben Versicherungsschutz fallen können wie im Büro. Entscheidend ist, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit besteht.

2. Wann gilt ein Unfall im Homeoffice als Arbeitsunfall?

Die zentrale Frage lautet immer: War die Handlung, bei der du dich verletzt hast, beruflich veranlasst?

Versichert bist du zum Beispiel, wenn du:

  • deinen Computer einschaltest, um mit der Arbeit zu beginnen
  • E-Mails bearbeitest oder Dokumente ausdruckst
  • mit Kunden oder Kollegen telefonierst
  • Arbeitsunterlagen vom Drucker holst
  • vom Schlafzimmer ins Arbeitszimmer gehst, um deine Arbeit aufzunehmen

Es geht also darum, dass die Handlung betriebsbezogen ist. Stolperst du auf dem Weg zum Drucker, um ein Arbeitsprotokoll auszudrucken? Das kann ein Arbeitsunfall sein. Verletzt du dich beim Tragen von Aktenordnern? Ebenso.

Anders sieht es aus, wenn du gerade etwas Privates machst. Ein Sturz auf dem Weg zur Kaffeemaschine oder zur Küche, um dir ein Frühstück zu machen, gilt nicht als Arbeitsunfall – auch wenn du eigentlich gerade im Homeoffice bist.

Anwalt Berufsgenossenschaft

Mehr zum Thema "Deine Rechte nach einem Arbeitsunfall" liest Du in diesem Beitrag.

Typische Beispiele aus der Praxis

Damit du ein besseres Gefühl dafür bekommst, wann die BG zahlt und wann nicht, hier einige konkrete Situationen:

  • Beispiel 1: Der Weg zur Arbeitsaufnahme
    Du stehst morgens auf, gehst vom Schlafzimmer direkt zu deinem Schreibtisch im Arbeitszimmer und rutschst auf dem Weg auf einem Teppich aus. Dabei brichst du dir den Arm. Das ist ein versicherter Wegeunfall, weil der Weg unmittelbar zur Arbeitsaufnahme führt. Vergleichbar mit dem Weg vom Parkplatz ins Bürogebäude.
  • Beispiel 2: Kaffeepause
    Du verlässt dein Homeoffice-Zimmer, um dir einen Kaffee in der Küche zu holen, und stürzt dabei die Treppe hinunter. Das ist kein Arbeitsunfall. Die Kaffeepause dient deinem persönlichen Bedürfnis und steht nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit deiner beruflichen Tätigkeit.
  • Beispiel 3: Kinderbetreuung vor Arbeitsbeginn
    Du bringst dein Kind zur Kita, um danach im Homeoffice arbeiten zu können, und wirst auf diesem Weg in einen Verkehrsunfall verwickelt. Dieser Weg ist versichert. Die Rechtsprechung erkennt an, dass die Betreuung von Kindern notwendig ist, um die Arbeit überhaupt aufnehmen zu können – auch im Homeoffice.
  • Beispiel 4: Drucker im Nebenzimmer
    Du druckst ein Dokument für eine Kundenpräsentation aus und verletzt dich beim Gang zum Drucker im Nebenzimmer. Das ist ein Arbeitsunfall, weil der Weg unmittelbar der Erledigung einer beruflichen Aufgabe dient.

Wann du leider nicht versichert bist

So schön der Unfallschutz im Homeoffice auch klingt – er hat klare Grenzen. Nicht versichert bist du bei:

  • Privaten Tätigkeiten: Kochen, Putzen, Einkaufen, private Post holen
  • Privaten Wegen: Der Gang zum Briefkasten für private Post oder in den Keller, um Wäsche aufzuhängen
  • Privaten Pausen: Wenn du eine längere Mittagspause machst und dich dabei verletzt
  • Umwegen ohne beruflichen Bezug: Wenn du auf dem Heimweg einen privaten Abstecher machst

Ein besonders diskutiertes Thema ist der Toilettengang. Im Betrieb ist dieser grundsätzlich versichert, weil er als notwendige Unterbrechung der Arbeit gilt. Im Homeoffice ist die Rechtslage nicht eindeutig geklärt. Einige Gerichte stufen ihn als privat ein, andere gewähren Versicherungsschutz, wenn er während der Arbeitszeit erfolgt. Hier kommt es auf den Einzelfall an.

Ebenfalls nicht versichert: Der Weg zur Küche, um dir etwas zu essen zu holen, oder der Gang zum Balkon, um frische Luft zu schnappen. Das alles sind private Verrichtungen, die nicht unter den Schutz der BG fallen.

3. Das musst du nach einem Unfall tun

Wenn du glaubst, dass du einen Arbeitsunfall im Homeoffice erlitten hast, solltest du schnell und strukturiert vorgehen:

  1. Dokumentiere den Unfall sofort
    Halte fest: Wann genau ist es passiert? Wo warst du? Was hast du gerade gemacht? Gab es Zeugen?
  2. Geh zum Arzt – am besten zum Durchgangsarzt
    Ein Durchgangsarzt ist speziell für die Behandlung von Arbeitsunfällen zugelassen. Die Bescheinigung ist wichtig für die spätere Anerkennung durch die BG
  3. Informiere deinen Arbeitgeber
    Dein Arbeitgeber muss den Unfall an die Berufsgenossenschaft melden. Tu das möglichst schnell – am besten noch am selben Tag.
  4. Sichere Beweise
    Screenshots von E-Mails, Chatverläufe mit Kollegen, Fotos vom Unfallort – all das kann später helfen, den beruflichen Zusammenhang zu belegen.

Nur wenn der berufliche Bezug klar erkennbar ist, wird die BG den Unfall als Arbeitsunfall anerkennen. Und genau hier liegt oft das Problem: Im Homeoffice ist dieser Zusammenhang nicht immer so offensichtlich wie im Büro.

Hast du einen Unfall im Homeoffice erlitten oder Zweifel, ob die BG deinen Fall korrekt bearbeitet? Ein spezialisierter Anwalt für Arbeitsunfälle kann prüfen, ob der berufliche Zusammenhang gegeben ist, welche Leistungen dir zustehen und dich beim gesamten Verfahren unterstützen.

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4. Welche Leistungen dir zustehen

Wird dein Unfall als Arbeitsunfall anerkannt, übernimmt die Berufsgenossenschaft verschiedene Kosten und Leistungen:

  • Heilbehandlung: Alle Kosten für Ärzte, Krankenhausaufenthalte, Reha und Therapien
  • Verletztengeld: Wenn du längere Zeit arbeitsunfähig bist, erhältst du Verletztengeld (ähnlich dem Krankengeld)
  • Verletztenrente: Bei dauerhaften gesundheitlichen Beeinträchtigungen kann dir eine Rente zustehen
  • Wiedereingliederung: Die BG unterstützt dich dabei, wieder ins Arbeitsleben zurückzufinden – etwa durch Umschulungen
  • Übergangsgeld: Während Reha-Maßnahmen gibt es finanzielle Unterstützung

Wichtig: Die BG zahlt kein Schmerzensgeld. Das ist ein häufiges Missverständnis. Schmerzensgeld kannst du nur geltend machen, wenn ein Dritter am Unfall schuld ist – etwa bei einem Verkehrsunfall auf dem Weg zur Kita.

Sollte die BG deinen Antrag ablehnen, heißt das nicht, dass du keine Chance mehr hast. Viele Ablehnungen beruhen auf unklarer Beweislage oder einer falschen Einschätzung der Tätigkeit. Mit der richtigen anwaltlichen Unterstützung lassen sich viele Fälle doch noch erfolgreich durchsetzen

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Mehr zum Thema "Arbeitsunfall bei der BG" liest Du in diesem Beitrag.

5. Fazit

  • Versicherungsschutz im Homeoffice besteht – aber nur bei Handlungen, die in unmittelbarem Zusammenhang mit deiner Arbeit stehen
  • Wegeunfälle sind auch zu Hause möglich – etwa auf dem Weg vom Schlafzimmer ins Arbeitszimmer oder zur Kinderbetreuung vor Arbeitsbeginn
  • Private Tätigkeiten sind nicht geschützt – Essen holen, Kaffeepausen oder rein persönliche Erledigungen fallen nicht unter den Versicherungsschutz
  • Dokumentation ist entscheidend – je besser du den beruflichen Zusammenhang belegen kannst, desto höher sind deine Chancen auf Anerkennung
  • Bei Ablehnung nicht aufgeben – viele zunächst abgelehnte Fälle lassen sich mit anwaltlicher Unterstützung erfolgreich durchsetzen

6. FAQ: Häufige Fragen

Muss ich ein separates Arbeitszimmer haben, damit Unfälle versichert sind?

Nein, du brauchst kein abgetrenntes Arbeitszimmer. Auch wenn du am Küchentisch oder im Wohnzimmer arbeitest, bist du versichert – solange die Tätigkeit berufsbezogen ist. Entscheidend ist nicht der Ort, sondern die Handlung.

Bin ich versichert, wenn ich nachts oder am Wochenende im Homeoffice arbeite?

Ja, der Unfallschutz ist nicht an feste Arbeitszeiten gebunden. Wenn du nachts um 23 Uhr noch E-Mails bearbeitest oder sonntags an einer Präsentation arbeitest und dich dabei verletzt, kann das ein Arbeitsunfall sein. Wichtig ist nur der berufliche Zusammenhang.

Was ist mit dem Weg zur Kinderbetreuung – ist der versichert?

Ja, der Weg zur Kita oder zum Kindergarten kann als versicherter Wegeunfall gelten, wenn er im Zusammenhang mit deiner Berufsausübung steht – also wenn du dein Kind abgibst, um danach im Homeoffice arbeiten zu können.

Wie lange habe ich Zeit, einen Unfall zu melden?

Es gibt keine gesetzliche Frist, aber du solltest den Unfall schnellstmöglich melden – am besten noch am selben Tag. Je länger du wartest, desto schwieriger wird es, den beruflichen Zusammenhang nachzuweisen. Dein Arbeitgeber ist verpflichtet, den Unfall an die BG zu melden

Was tun, wenn die BG den Unfall nicht anerkennt?

Dann solltest du unbedingt anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Du hast das Recht, Widerspruch einzulegen. Ein spezialisierter Anwalt kann die Entscheidung überprüfen und deine Chancen realistisch einschätzen. Viele Ablehnungen lassen sich erfolgreich anfechten.

Gilt der Unfallschutz auch für Selbstständige und Freiberufler im Homeoffice?

Als Selbstständiger oder Freiberufler bist du nicht automatisch über die gesetzliche Unfallversicherung geschützt. Du kannst dich aber freiwillig bei der zuständigen Berufsgenossenschaft versichern. Dann gelten für dich dieselben Regeln wie für Angestellte – und du profitierst vom gleichen umfassenden Schutz bei Arbeitsunfällen.

Bildquellennachweis: AndreyPopov | Canva.com

Über den Autor
Anja Matthies ist seit mehr als 15 Jahren als Rechtsanwältin auf dem Gebiet des Personenschadensrechts tätig. Dabei begleitet und vertretet sie Unfallopfer bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Daneben steht sie auch Arbeitnehmern zur Seite, die auf dem Weg zur Arbeit, auf dem Heimweg oder im anderen Zusammenhang mit ihrer Berufsausübung einen Unfall erlitten haben, der dazu geführt hat, dass sie ihren Beruf nicht mehr wie zuvor oder gar nicht mehr ausüben können.
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