Homeoffice ist aus unserem Arbeitsalltag nicht mehr wegzudenken. Viele von uns haben sich längst daran gewöhnt, morgens nicht ins Büro zu pendeln, sondern einfach den Laptop aufzuklappen und loszulegen. Aber hast du dir schon mal überlegt, was passiert, wenn du auf dem Weg zu deinem heimischen Schreibtisch ausrutschst? Oder wenn du dir beim Holen von Arbeitsunterlagen etwas verletzt?

Die gute Nachricht: Auch im Homeoffice bist du nicht schutzlos. Die gesetzliche Unfallversicherung kann auch hier greifen. Aber – und das ist wichtig – längst nicht jeder Unfall zu Hause ist automatisch ein Arbeitsunfall. Wann genau die Berufsgenossenschaft (BG) einspringt und wann nicht, das schauen wir uns jetzt gemeinsam an.
Normalerweise denken wir bei einem Wegeunfall an den klassischen Weg zur Arbeit: Fahrradunfall auf dem Weg ins Büro, Sturz an der Bahnhaltestelle oder ein Autounfall auf der Pendlerstrecke. All das fällt unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Aber wie sieht es aus, wenn dein Arbeitsweg nur noch wenige Meter beträgt – vom Schlafzimmer ins Arbeitszimmer? Oder wenn du im Homeoffice arbeitest und dich innerhalb deiner Wohnung bewegst, um arbeitsbezogene Dinge zu erledigen?
Früher war die Rechtslage eindeutig: Wer zu Hause arbeitet, bewegt sich im privaten Bereich – und war damit nicht versichert. Das hat sich geändert. Durch neuere Rechtsprechung und eine klarere Verwaltungspraxis ist heute anerkannt, dass auch Tätigkeiten im Homeoffice unter denselben Versicherungsschutz fallen können wie im Büro. Entscheidend ist, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit besteht.
Die zentrale Frage lautet immer: War die Handlung, bei der du dich verletzt hast, beruflich veranlasst?
Versichert bist du zum Beispiel, wenn du:
Es geht also darum, dass die Handlung betriebsbezogen ist. Stolperst du auf dem Weg zum Drucker, um ein Arbeitsprotokoll auszudrucken? Das kann ein Arbeitsunfall sein. Verletzt du dich beim Tragen von Aktenordnern? Ebenso.
Anders sieht es aus, wenn du gerade etwas Privates machst. Ein Sturz auf dem Weg zur Kaffeemaschine oder zur Küche, um dir ein Frühstück zu machen, gilt nicht als Arbeitsunfall – auch wenn du eigentlich gerade im Homeoffice bist.

Mehr zum Thema "Deine Rechte nach einem Arbeitsunfall" liest Du in diesem Beitrag.
Damit du ein besseres Gefühl dafür bekommst, wann die BG zahlt und wann nicht, hier einige konkrete Situationen:
So schön der Unfallschutz im Homeoffice auch klingt – er hat klare Grenzen. Nicht versichert bist du bei:
Ein besonders diskutiertes Thema ist der Toilettengang. Im Betrieb ist dieser grundsätzlich versichert, weil er als notwendige Unterbrechung der Arbeit gilt. Im Homeoffice ist die Rechtslage nicht eindeutig geklärt. Einige Gerichte stufen ihn als privat ein, andere gewähren Versicherungsschutz, wenn er während der Arbeitszeit erfolgt. Hier kommt es auf den Einzelfall an.
Ebenfalls nicht versichert: Der Weg zur Küche, um dir etwas zu essen zu holen, oder der Gang zum Balkon, um frische Luft zu schnappen. Das alles sind private Verrichtungen, die nicht unter den Schutz der BG fallen.
Wenn du glaubst, dass du einen Arbeitsunfall im Homeoffice erlitten hast, solltest du schnell und strukturiert vorgehen:
Nur wenn der berufliche Bezug klar erkennbar ist, wird die BG den Unfall als Arbeitsunfall anerkennen. Und genau hier liegt oft das Problem: Im Homeoffice ist dieser Zusammenhang nicht immer so offensichtlich wie im Büro.
Hast du einen Unfall im Homeoffice erlitten oder Zweifel, ob die BG deinen Fall korrekt bearbeitet? Ein spezialisierter Anwalt für Arbeitsunfälle kann prüfen, ob der berufliche Zusammenhang gegeben ist, welche Leistungen dir zustehen und dich beim gesamten Verfahren unterstützen.
Wird dein Unfall als Arbeitsunfall anerkannt, übernimmt die Berufsgenossenschaft verschiedene Kosten und Leistungen:
Wichtig: Die BG zahlt kein Schmerzensgeld. Das ist ein häufiges Missverständnis. Schmerzensgeld kannst du nur geltend machen, wenn ein Dritter am Unfall schuld ist – etwa bei einem Verkehrsunfall auf dem Weg zur Kita.
Sollte die BG deinen Antrag ablehnen, heißt das nicht, dass du keine Chance mehr hast. Viele Ablehnungen beruhen auf unklarer Beweislage oder einer falschen Einschätzung der Tätigkeit. Mit der richtigen anwaltlichen Unterstützung lassen sich viele Fälle doch noch erfolgreich durchsetzen

Mehr zum Thema "Arbeitsunfall bei der BG" liest Du in diesem Beitrag.
Muss ich ein separates Arbeitszimmer haben, damit Unfälle versichert sind?
Nein, du brauchst kein abgetrenntes Arbeitszimmer. Auch wenn du am Küchentisch oder im Wohnzimmer arbeitest, bist du versichert – solange die Tätigkeit berufsbezogen ist. Entscheidend ist nicht der Ort, sondern die Handlung.
Bin ich versichert, wenn ich nachts oder am Wochenende im Homeoffice arbeite?
Ja, der Unfallschutz ist nicht an feste Arbeitszeiten gebunden. Wenn du nachts um 23 Uhr noch E-Mails bearbeitest oder sonntags an einer Präsentation arbeitest und dich dabei verletzt, kann das ein Arbeitsunfall sein. Wichtig ist nur der berufliche Zusammenhang.
Was ist mit dem Weg zur Kinderbetreuung – ist der versichert?
Ja, der Weg zur Kita oder zum Kindergarten kann als versicherter Wegeunfall gelten, wenn er im Zusammenhang mit deiner Berufsausübung steht – also wenn du dein Kind abgibst, um danach im Homeoffice arbeiten zu können.
Wie lange habe ich Zeit, einen Unfall zu melden?
Es gibt keine gesetzliche Frist, aber du solltest den Unfall schnellstmöglich melden – am besten noch am selben Tag. Je länger du wartest, desto schwieriger wird es, den beruflichen Zusammenhang nachzuweisen. Dein Arbeitgeber ist verpflichtet, den Unfall an die BG zu melden
Was tun, wenn die BG den Unfall nicht anerkennt?
Dann solltest du unbedingt anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen. Du hast das Recht, Widerspruch einzulegen. Ein spezialisierter Anwalt kann die Entscheidung überprüfen und deine Chancen realistisch einschätzen. Viele Ablehnungen lassen sich erfolgreich anfechten.
Gilt der Unfallschutz auch für Selbstständige und Freiberufler im Homeoffice?
Als Selbstständiger oder Freiberufler bist du nicht automatisch über die gesetzliche Unfallversicherung geschützt. Du kannst dich aber freiwillig bei der zuständigen Berufsgenossenschaft versichern. Dann gelten für dich dieselben Regeln wie für Angestellte – und du profitierst vom gleichen umfassenden Schutz bei Arbeitsunfällen.
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